Mit dem Ziel, wirtschaftliche und technische Synergien zu realisieren, schlossen sich vor geraumer Zeit mehrere deutsche und österreichische Verkehrsbetriebe zusammen, um ein Konzept auszuarbeiten zur gemeinsamen Ausschreibung von Tram-Train Zügen. Diese können Eisen- und Straßenbahntrassen gemeinsam benutzten können. Diese Ausschreibung, über die wir an dieser Stelle bereits ausführlich berichtet hatten (https://www.urban-transport-magazine.com/tram-train-fuer-alle-sechs-unternehmen-starten-gemeinsame-fahrzeugausschreibung/), ist nun abgeschlossen: Stadler hat den Zuschlag für den größten Auftrag in der Unternehmensgeschichte mit einem Gesamtvolumen von bis zu vier Milliarden Euro erhalten. Sechs Verkehrsunternehmen aus Deutschland und Österreich hatten im Rahmen des «VDV-Tram-Train» gemeinsam bis zu 504 Fahrzeuge international ausgeschrieben. Der Rahmenvertrag umfasst neben der Fahrzeugherstellung auch einen auf bis zu 32 Jahre angelegten Instandhaltungsvertrag. Bestandteil des Rahmenvertrags ist eine feste Bestellung über 246 Fahrzeugen vom Typ CITYLINK mit einem Auftragsvolumen von rund 1,7 Milliarden Euro. Zudem besteht die Möglichkeit, bis zu 258 weitere Fahrzeuge zu bestellen.
Mit dem Zuschlag beginnt eine langjährige Partnerschaft zwischen dem Projektkonsortium, bestehend aus den Verkehrsbetrieben Karlsruhe (VBK), der Albtal-Verkehrs-Gesellschaft (AVG), der Saarbahn Netz, Schiene Oberösterreich, dem Land Salzburg und dem Zweckverband Regional-Stadtbahn Neckar-Alb und dem Bahnhersteller Stadler. In den kommenden zehn Jahren wird Stadler 246 Fahrzeuge vom Typ CITYLINK für die sechs Betreiber produzieren. Insgesamt fest bestellt sind für Saarbrücken 28, für die VBK Karlsruhe 73, für die AVG 75, für Neckar-Alb 30 und für Salzburg und Oberösterreich jeweils 20 Fahrzeuge.
Die ersten vier Fahrzeuge werden als Vorserienfahrzeuge gemäß Lieferplan schon 2024 an die Saarbahn geliefert. Dort werden sie von der Kooperation getestet. Insgesamt erhält die Saarbahn dann ab 2025 weitere 24 Tram-Trains (Option auf weitere 21), die Bahnen aus dem Bestand ersetzen.
Ab 2025 liefert Stadler an die AVG ihre fest bestellten 75 Tram-Trains (Option auf weitere 73). Ab 2026 werden die insgesamt 73 (Option auf weitere 52) Fahrzeuge der VBK ausgeliefert. Ebenso wie bei der AVG handelt es sich um eine Ersatzbeschaffung.
Ebenfalls im Jahr 2026 erhält die Schiene Oberösterreich die ersten von insgesamt 20 Tram-Trains, die vorerst als Ersatz und Verstärkung des Bestandsfuhrparks auf oberösterreichischen Lokalbahnen vorgesehenen sind. Die Option auf weitere 50 Tram-Trains gilt dem aktuell in Planung befindlichen Stadtregionalbahnsystem Linz, wo erste Tram-Trains ab Ende der 2020er-Jahre zum Einsatz kommen sollen.
Insgesamt 20 (Option auf weitere 5) Bahnen gehen ab 2026 nach Salzburg und ersetzen dort Fahrzeuge älterer Bauart.
2027 gehen die ersten der insgesamt 30 Fahrzeuge (bis zu 57 weitere als Option) als Neubeschaffung in die Region Neckar-Alb.
Der CITYLINK
Alle Fahrzeuge werden in dreiteiliger Ausführung geliefert. Je nach Lieferort und Kunde variiert die Länge der Fahrzeuge, die Anzahl der Türen, Einstiegs- und Kupplungshöhe sowie die Konfiguration der CITYLINK-Ausführungen. Allen Fahrzeugen gemein ist die Ausstattung mit einer Klimaanlage für Fahrgast- und Fahrerraum sowie die flexibel gestaltbaren geräumigen Mehrzweckbereiche mit zwei Rollstuhlfahrerplätzen. Je nach Einsatzort werden die Tram-Trains individuell ausgestattet. Beispielsweise werden die Fahrzeuge für die Albtal-Verkehrs-Gesellschaft mit einer Toilette sowie einer Vorbereitung für Fahrradhalterungen versehen, während sich die Schiene Oberösterreich unter anderem für Gepäckablagen als zusätzliches Ausstattungselement entschieden hat.
Ein Projekt – sechs Kunden
Ein Fahrzeugtyp für sechs Betreiber ist nicht alltäglich. «Wir haben im Projektteam in etlichen Stunden Arbeit ein gemeinsames Lastenheft entwickelt. Dabei haben wir einen Standard definiert, zu welchem bis zu fünf weitere Varianten die betreiberspezifischen Anforderungen wie zum Beispiel Einstiegshöhe, Lackierung und Einsatzort erfüllen», erklärt Gesamtprojektleiter Thorsten Erlenkötter von den Verkehrsbetrieben Karlsruhe.
Die Verkehrsbetriebe Karlsruhe leiten das Gesamtprojektleitung und koordinieren nach der Ausschreibungsphase nun auch die Abwicklung. «Wir sind sehr glücklich, dass wir mit Stadler einen zuverlässigen und erfahrenen Hersteller für dieses außergewöhnliche Projekt gewinnen konnten. Ein Beschaffungskonzept, wie wir es hier umgesetzt haben, ist bislang weltweit einzigartig. Die sechs Betreiber eint der Glaube an das Konzept der Tram-Trains, mit denen wir nach Karlsruher Vorbild Großstädte mit der jeweiligen Region vernetzen und die Menschen schnell und umsteigefrei direkt ins Zentrum bringen», sagt der technische Geschäftsführer der Verkehrsbetriebe Karlsruhe Christian Höglmeier.
(Info: Stadler Rail , KVV u.a.)
17.01.2022