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Bielefelds Wasserstoffbusse

In der Halle des “Innovationsparks” | © moBiel / Torsten Ulonska

Am 12. August lud Bielefelds städtischer Verkehrsbetrieb „moBiel“ unter dem Motto „Sommerfest“ zu einem Tag der Offenen Tür ein. Und jede Besucher kamen.

Während die Veranstaltung im wesentlichen auf dem Betriebshof Sieker stattfand, bot moBiel aber im „Innovationspark Sektorenkopplung“ auch einen Einblick in den aktuellen Stand und seine Zukunftspläne im Bereich Bus. Und hier vor allem in Sachen Wasserstoffbus.

Dazu pendelte zwischen dem Betriebshof Sieker und dem Innovationspark einer der vier Wasserstoffbusse, die moBiel schon seit inzwischen zweieinhalb Jahren im Einsatz hat – also einer der Wagen 6296 bis 6299 vom Typ „H 2 City Gold“ des portugiesischen Herstellers Caetano. Die zwölf Meter langen, zweitürigen Solowagen werden mit Wasserstoff betankt und stellen sich in einer Brennstoffzelle des japanischen Autobauers Toyota den elektrischen Strom, mit dem sie fahren, selber her. Das geschieht, indem in der Brennstoffzelle Wasserstoff mit dem Sauerstoff der Luft reagiert, wobei Strom entsteht.

Caetano H 2 City Gold Wagen 6299 auf dem Betriebshof Sieker | © Christian Marquordt

Der Caetano H 2 City Gold

Sehen wir uns zunächst den Bus, der zwischen Sieker und Innovationspark unterwegs war (moBiel Wagen 6299), näher an. Die Fahrt dauerte in jeder Richtung rund 15 Minuten, hin und zurück also eine halbe Stunde: Zeit genug, sich einen Eindruck von dem Wagen zu verschaffen, während man auf den Sitzen des deutschen Herstellers Kiel saß. Der Bus zeigte sich sehr sauber verarbeitet, auch nach zweieinhalb Jahren klapperte absolut nichts. Wie ein kleines Kätzchen surrte der Wagen leise vor sich hin. Und das recht flott, dem Fahrer machte es Freude, den Bus bei „ordentlich Tempo“ vorzuführen. Sichtlich – oder besser spürbar – ist der Caetano H 2 City Gold eher weich gefedert. Das zeigte sich nicht zuletzt beim zügigen Durchfahren von Kurven, wo der Wagen sich leicht zum Kurvenäußeren hin neigte – ein Effekt, den man vor allem vom legendären Citroen 2 CV und vom nicht minder legendären Renault R 4 kennt. Zum Caetano H 2 City Gold bei moBiel berichtete UTM: https://www.urban-transport-magazine.com/mit-wasserstoff-durch-bielefeld-die-neuen-h2-city-gold-busse-von-mobiel/

Innovationspark Abstell- und Werkstatthalle | © moBiel / Torsten Ulonska

Der Betriebshof „Innovationspark“

Im Innovationspark lernten wir einen sehr gut ausgestatteten Betriebshof kennen, den moBiel speziell für seine Wasserstoffbusse gebaut hat. Sie sind hier unter sich, und dafür gibt es zwei Gründe. Zum einen braucht man für die Wasserstoffbusse Einrichtungen, die die herkömmlichen (Diesel-)Busse nicht brauchen – dazu gleich mehr – und dafür hätte es auf dem Betriebshof Sieker nicht genügend Platz gegeben. Und zum anderen konnte man hier im Innovationspark von Anfang an für größtmögliche Sicherheit planen.  Noch wirkt die Anlage für bislang nur vier Wasserstoffbusse recht groß dimensioniert, aber aktuell läuft gerade eine Ausschreibung über 25 weitere Wasserstoffbusse, die im Jahr 2025 geliefert werden sollen.  Siehe hierzu auch: https://www.urban-transport-magazine.com/dank-foerderung-aus-berlin-25-weitere-brennstoffzellenbusse-fuer-bielefeld/ .

Mit ihnen wird schon fast ein Drittel des Bielefelder Busparks von derzeit 100 Wagen aus Wasserstoffbussen bestehen, und mit ihnen wird die Anlage deutlich stärker ausgelastet sein. Zudem gibt es Gelände in der Nachbarschaft, wohin der Betriebshof wachsen kann und soll. Projektleiter Sawatzky, der uns über den Betriebshof führte, berichtete, dass das Unternehmen schon in absehbarer Zeit 120 Busse haben werde. Und noch eine Anmerkung: bei der Besichtigung des Depots Innovationspark stand auch ein einzelner Mercedes Diesel-Citaro in der Halle. „Das ist der Reservewagen.“ 

Die Führung begann mit einem Vortrag von Projektleiter Gerhard Sawatzky mit Power-Point-Präsentation zur Frage, wie ein Wasserstoffbus funktioniert, und zur Frage, wie sicher dieser Betriebshof ist. Zur Funktionsweise eines Wasserstoffbusses siehe oben: Wasserstoff und der Sauerstoff der Luft reagieren miteinander und erzeugen so den Strom, der auf Elektromotoren von Siemens abgegeben wird und mit dem der Bus rein elektrisch fährt. Und zur Frage der Sicherheit: der Betriebshof Innovationspark ist sehr sicher. Die Busse stehen mit Abstand zueinander, so dass, sollte wirklich einmal ein Wagen in Brand geraten – was ausdrücklich nicht wahrscheinlicher ist als bei jedem anderen Kraftfahrzeug auch – er nicht gleich seine Nachbarn mit „ansteckt“. Und was passiert, sollte einmal Wasserstoff in die Abstellhalle entweichen? Schließlich kann man dieses Gas weder sehen noch riechen, es könnte aber zu einer Explosion führen. Da es leichter ist als Luft, würde es sich sofort unter dem Dach der Halle sammeln. Und hier gibt es, über die Halle verteilt, acht Sensoren, die Wasserstoff sofort feststellen und vollautomatisch Absauge-Ventilatoren einschalten würden, die den Wasserstoff in die Umwelt entlassen. In der normalen Luft ist Wasserstoff völlig unproblematisch, zumal er hier ja sofort so verdünnt würde, dass er sich gar nicht mehr nachweisen ließe.

In der Wartungshalle | © Christian Marquordt

In der Halle gibt es eine ganz auf die Wasserstoffbusse spezialisierte Werkstatt. Hier können nicht nur die Arbeiten ausgeführt werden, die bei jedem Bus anfallen, sondern vor allem ist diese Werkstatt auf die besonderen Anforderungen eines Wasserstoffbusses eingerichtet. Denn hier gibt es so genannte „Dach-Arbeitsplätze“. Die Wasserstoffbusse haben ihre spezifische Technik auf dem Dach: neben der Klimaanlage finden sich hier drei Batteriepakete (Hersteller Forsee Power, Kapazität 44 kWh) , fünf Druckflaschen aus Composite für den Wasserstoff (beim Dieselbus würde man von einem Tank sprechen), Tankinhalt 37,5 Kilogramm, und vor allem die Brennstoffzelle von Toyota mit einer Leistung von 60 kW. Und an all dem kann man eben nur von oben arbeiten.

Anmerkung: Obwohl moBiel zurzeit ganz auf den Wasserstoffbus setzt, sagte Sawatzky bei der Führung über den Betriebshof: „Die Reichweiten der batterie-elektrischen Busse haben in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Wenn sie so weit sein werden, dass ein Batteriebus einen ganzen Tageseinsatz ohne Nachladung schaffen wird – Bielefelds längster Buskurs komnmt am Tag auf 540 Kilometer – dann kann moBiel sich durchaus auch vorstellen, ballerie-elektrische Busse zu beschaffen.“ Batterie- und Wasserstoffbusse parallel? Doch, ja, das ist gar nicht so ungewöhnlich. Als Beispiele für diese „Doppel-Strategie“ seien Düsseldorfs Rheinbahn, Frankfurts In-der-City-Bus und die Mainzer Verkehrs Gesellschaft (MVG) – die neue Heimat für  fünf der zehn Wiesbadener Wasserstoffbusse – genannt.

Im Anschluss an die Präsentation der Technik und des Innenlebens der Halle folgte ein Rundgang über das Außengelände des Betriebshofs. Hier wurde zunächst die Station gezeigt, wo der Wasserstoff für die Tankanlage übernommen wird. MoBiel bezieht ihn von der chemischen Industrie im Ruhrgebiet, alle zehn Tage liefert ihn ein Spediteur mit einem Tank-Sattelschlepper an. Das Entladen dieses Tank-Sattelschleppers dauert zwei Stunden und funktioniert nach einem einfachen physikalischen Prinzip: im Tank-Auflieger herrscht hoher Druck, in der Tankanlage von moBiel niedriger. Aus der Physik wissen wir,  dass die Natur bei unterschiedlichen Drücken einen Druckausgleich sucht: also strömt der Wasserstoff aus dem Tank-Auflieger in die Tankanlage von moBiel.

Caetano vor seiner Tankstelle, mit Projektleiter Sawatzky | © moBiel / Torsten Ulonska

Allerdings plant moBiel, in Zukunft mit Hilfe der Müllverbrennungsanlage der Stadt, die unmittelbar neben dem Betriebshof Innovationspark liegt, seinen eigenen Wasserstoff zu erzeugen. Wuppertals WSW beweisen tagtäglich, dass diese Technik, Wasserstoff herzustellen, prächtig funktioniert.   

In der Tankanlage erzeugen zwei große Kompressoren wieder hohen Druck, und außerdem wird der Wasserstoff hier gekühlt. Den Kommentar des Verfassers „wie herrlich einfach ist doch ein Dieselbus“ beantwortete Projektleiter Sawatztky mit dem berechtigten Hinweis: „Aber dafür setzt der herrlich einfache Dieselbus Schadstoffe frei. Der Wasserstoffbus fährt schadstoff-frei.“

Die Tankvorgang – oder: ein klarer Vorteil des Wasserstoffbusses

Letzte Station des Rundgangs war die eigentliche Tankstelle, wo die Wasserstoffbusse ihren Wasserstoff  an Bord nehmen. Wenn der Tank des Busses völlkommen leer ist, dauert das Volltanken neun Minuten.   Das entspricht etwa der Zeit, die man auch braucht, um einen Bus mit Dieselmotor vollkommen aufzutanken. Sawatzky: „Die Batterien eines Batterie-Busses vollkommen aufzuladen dauert mehrere Stunden. Stellen Sie sich vor, sie müssten die Batterien von hundert Bussen nachladen …“

So etwas wie ein Fazit

Es folgte die Rückfahrt zum Betriebshof Sieker. Der Caetano H 2 City Gold wusste – siehe oben – zu beeindrucken, mehr noch, er wusste zu gefallen.

Caetano vor Außenanlagen im Innovationspark wie Kompressoren und Kühlung | © moBiel / Torsten Ulonska
21.08.2023
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