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Bogotá: TransMilenio und die Stadtbahnpläne

von Erik Buch

Zu den weltweit größten Ballungsräumen ohne Schienennahverkehrssystem gehört bislang die kolumbianische Hauptstadt Bogotá, mit rund 7 Mio. Einwohnern im Großraum auf einer Höhe von 2.700 Meter üNN gelegen.

Inzwischen haben zwar die Bauarbeiten für eine erste, weitgehend oberirdisch aufgeständert geführte Metrolinie begonnen (wir berichteten zuletzt hier: https://www.urban-transport-magazine.com/nach-77-jahren-planung-bogota-kolumbien-erhaelt-endlich-eine-metro/). Doch noch immer stellt das ausgedehnte Bus Rapid Transit (BRT) Netz das Rückgrad des öffentlichen Nahverkehrs.

© TransMilenio

Mehr als 11.000 Busse (Stand November 2022) sind im Linienverkehr von Bogotá im Einsatz. Das BRT-Netz unter dem Namen „Transmilenium“ besteht dabei aktuell im im wesentlichen aus acht Stammstrecken, die von Gelenkwagen und Doppelgelenkwagen befahren werden und dabei etwa 80 verschiedenen Linien befahren, die sich durch ihre unterschiedlichen Endpunkte und die Zahl der bedienten Stationen im Verlauf unterscheiden. Nicht alle Linien bedienen dabei im Streckenverlauf auch alle Haltestellen – dafür gibt es zahlreiche Überholmöglichkeiten. Die Stammstrecken verlaufen in der Mitte von Hauptstraßen und deren Stationen sind, mit Ausnahme des inneren Stadtkerns, in der Regel kreuzungsfrei über Brücken und Rampen zugänglich. Daneben gibt diverse Zubringerlinien, die an Knotenpunkte Umsteigemöglichkeiten zum BRT-Netz bieten und auch verschiedene “Dual“-Linien, die zum Teil die Eigentrassen mit ihren mittigen Haltebahnsteigen mitbenutzten, auf anderen Teilstrecken aber im normalen Straßenverkehr „mitschwimmen“. Sie haben deshalb Türen auf beiden Seiten, während die reinen BRT-Gelenk- und Doppelgelenkwagen nur linksseitig Türen aufweisen.


Zu den 11.000 Bussen gehören 762 Gelenk- und 1328 Doppelgelenkbusse. Die „Dual“-Linienbusse sind sämtliche zweiachsig – 273 sind davon vorhanden. Auf den sonstigen Linien fahren aktuell auch 1479 Elektrobusse, die in zwei Längen (12 und 9,5 Meter) von BYD aus China in hochfluriger Ausführung geliefert worden waren. (siehe: https://www.urban-transport-magazine.com/bogota-1-550-elektrobusse-von-byd-fuer-kolumbien/)

Nachdem eine Studie der Universided Nacional de Colombia in Bogotá schon 2015 die geringe Umweltverträglichkeit der eingesetzten Busse bescheinigt hatte, begann in 2018 die Beschaffung von Neuwagen mit Gasantrieb mit Emissionswerten nach EURO 6 Standard, während die ersten Dieselbusse nach EURO 6 erst in 2022 eintrafen. Alle Gelenk- und Doppelgelenkwagen, die in Bogotá seit 2009 fahren, sind bislang reine Dieselbusse der Typen Volvo B12M, Volvo 340M und Scania F340, mit Aufbauten von Busscar – Modell Urbanuss Pluss – und Marcopolo als Modelle Gran Viale und Gran Viale BRT.


Laufende Ausbauten der BRT-Trassen umfassen die Korridore Caracas Sur, Avenida Ciudad de Cali, NQS Sur sowie den Bau einer neuen Stammstrecke entlang der Carrera 68. Hier sind die Bauarbeiten bereits seit geraumer Zeit im Gang.

Metro als Ausweg

Transmillenium diente lange als Vorbild auch für ähnliche Anlagen an anderen Orten weltweit. Mit fast 4 Mio. täglichen Fahrgästen ist das System allerdings inzwischen, trotz aller Erfolge, schon seit längerem zu vielen Tageszeiten an seiner Leistungsgrenze angekommen. Dies führte nicht nur endlich – nach vielen Jahren der Planung – zum Bau der ersten Metrolinie, die 2028 eröffnet werden soll. Der Hersteller CRRC aus China lieferte inzwischen das erste Mock up. Die erste Linie hat 16 Stationen und verläuft als Hochtrasse weitgehend aufgeständert.

© Metro Bogotá / City of Bogotá
Bauabschnitte der künftigen Metrolinie 1 | © City of Bogotá


Auch eine zweite Linie befindet sich inzwischen in Vorbereitung. Wie schon bei der ersten soll sie durch private Investoren mitfinanziert werden. Sie schließt an die erste Linie an, verläuft aber in Teilen unterirdisch. Aktuell gibt es erneute Diskussionen auf politischer Ebene über den Anteil an Tunnelabschnitten dieser Linie, der sich jedoch stark an den finanziellen Gegebenheiten ausrichten dürfte.

Stadtbahn als weiter Alternative

Um rasch weitere Fortschritte beim Ausbau des ÖPNV zu erzielen, wurden inzwischen auch konkrete Beschlüsse zum Bau einer ergänzenden Stadtbahnnetzes gefasst. Hier bieten vorhandene, aber kaum genutzte Eisenbahnstrecken sehr gute Ausgangsvoraussetzungen, verlaufen sie doch auf langen Abschnitten mitten durch dicht bebaute Gebiete, nicht selten in der Mitte mehrspuriger Straßen. Sie sollen zweigleisig ausgebaut und auf Regelspur umgespurt werden, daneben sind ergänzende Abschnitte im Stadtgebiet vorgesehen.


Konkret durchgeplant, beschlossen und finanziert ist bislange die erste Linie, die als „Regiotram Occidente“ vermarktet wird: Sie wird knapp 40 km lang sein, 17 Stationen bedienen und soll von 18 Stadtbahnwagen befahren werden. Die Bauausführung durch das beauftragte chinesische Konsortium verzögert sich aktuell allerdings durch Einsprüche verschiedener Behörden. 2026 erscheint als frühester Eröffnungstermin realistisch.

Erster Prototyp der RegioTram von CRRC, noch im Werk | © CRRC Press
Touristenzug im Stadtgebiet auf der Schmalspurbahn vor dem Umbau zur Regiotram Norte – mitten durch intensiv bebautes Gebiet | © Budach

Die zweite, im Endausbau 48 km lange Linie ist im Planungsstadium, als „Regiotram del Norte“ soll sie Zipaquirá mit dem großen Centro Comercial Gran Estación im Zentrum von Bogotá verbinden. Hier fahren an den Wochenenden aktuell Personenzüge für Ausflügler auf der bestehenden Schmalspurtrasse.

Eine dritte Stadtbahnlinie im Süden des Großraums Bogotá ist im ersten Vorplanungstadium.

20.11.2023
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