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DSW 21 in Dortmund: 30 Solaris Urbino 18 electric – und ein (bislang) einmaliges Nachladekonzept

Wagen 1870 präsentiert sich während der Vorstellung der neuen Busse im ehemaligen Industriegebiet Phoenix West | © Christian Marquordt

Geduldiges Warten hat sich gelohnt: am Freitag, dem 22. September 2023, ging in Dortmund endlich die erste Verbindung für Elektrobusse in Betrieb. DSW 21-Betriebsleiter Ralf Habbes: „Wir haben mit unserem Einstieg in die Elektromobilität bewusst gewartet, bis die Fahrzeuge über Serienreife verfügen und solide Standards garantieren. So ist sichergestellt, dass die Elektrobusse ihren Pendants mit Verbrennermotoren in Sachen Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit in nichts nachstehen.“   

Am Ende hat sich das Warten ausgezahlt. Denn der erste Elektro-Gelenkbus von Solaris vom Typ „Urbino 18 electric“ wurde schon im vergangenen November als Wagen 1842 angeliefert (UTM berichtete am 29. 11. 2022). Und dann stand er erst einmal, denn der Auf- und Ausbau der Ladeinfrastruktur auf dem Busbetriebshof Brünninghausen der Dortmunder Stadtwerke „DSW 21“ kam nicht voran: mal fehlte dieses benötigte Teil, mal jenes … Wir kennen es alle, das Klagelied über die gestörten Lieferketten – die so langsam wieder in Ordnung kommen.

Inzwischen sind alle 30 bestellten Wagen des Marktführers Solaris vom Typ „Urbino 18 electric“ in Dortmund angekommen. Sie hören jetzt auf die Wagennummern 1841 bis 1845 und 1851 bis 1875, sind alle grün und mit dem Namen „StromFahrer“ (just so geschrieben) foliert, Unterdessen sind Fahrerschulungen und -einweisungsfahrten abgeschlossen, am Mittag des 22. September gingen die Busse sofort im Anschluss an ihre Präsentation für die Presse auf ihre Linie(n).

Heckansicht des neuen Solaris Urbino 18 electric Wagen 1870 | © Christian Marquordt

Das Betriebskonzept

Dortmund hat ein interessantes Betriebskonzept für seine Elektro-Gelenkbusse entwickelt. Sie sollen auf einer Kombination aus den Linien 470, 440 und 437 eingesetzt werden (DSW-Linie 470: Mengede – Oespel, Linie 440: Oespel – Aplerbeck und Linie 437: Aplerbeck – Sölde Jasminstrasse). Dabei wird in Oespel und Aplerbeck jeweils die Linie gewechselt, die Wagen laufen also vom Stadtteil Mengede im Nordwesten bis in den Stadtteil Sölde im Südosten durch. Das hat, so DSW 21-Verkehrsvorstand Uli Jaeger bei der Präsentation, den Vorteil, dass möglichst viele Dortmunder in den Genuss der neuen Elektro-Gelenkbusse kommen. Und für den Betrieb ist es gut, wenn die Wagen möglichst viel laufen.

Die DSW 21 geben für die Wagen eine Reichweite von gut 300 Kilometern an. Und sie fahren nicht nur elektrisch, auch ihre Heizungen und Klimaanlagen arbeiten völlig unabhängig von der Witterung rein elektrisch. Nachgeladen wird nur auf dem Betriebshof (Brünninghausen), und zwar über Pantograph, der vom Bus zur Ladestation aufsteigt. Nachladung auf der Strecke ist nicht vorgesehen,

Für Kurse, die schon am frühen Abend auf den Betriebshof zurückkehren, reichen die 300 Kilometer auch vollkommen aus. Aber das genügt den DSW nicht. „Wir wollen auch auf den Kursen, die erst mitten in der Nacht nachhause kommen, mit den Elektrobussen fahren.“ Dafür allerdings genügt die Reichweite der Wagen nicht. Was also tun?

Die DSW 21 haben eine pfiffige Lösung gefunden. Wenn bei einem Wagen die Batterie-Kapazität zu Ende geht, fährt der Fahrer am Betriebshof Brünninghausen, an dem die Busse auf ihrem langen Umlauf in beiden Richtungen vorbei kommen, kurz auf den Betriebshof. Hier hält er gleich in der Einfahrt an einem „Mittelbahnsteig“ an, an dem gleich gegenüber für die Weiterfahrt schon ein frisch aufgeladener zweiter Batteriebus wartet. Die Fahrgäste wechseln also Tür an Tür das Fahrzeug, und schon geht es weiter. Der frisch aufgeladene Wagen setzt den Diernst seines Bruders fort, der seinerseits nun unter eine der Ladestationen auf dem Hof Brünninghausen fährt und nachgeladen wird. „Das alles,“ so Jaeger, „dauert für den Fahrgast nicht einmal eine Minute:“ Und damit ein Fahrer nicht „übersieht“, dass sein Wagen  nachgeladen werden muss, wird der Ladezustand jedes Elektrobusses per Ferndiagnose überwacht. Und die Leitstelle gibt die Anweisung, das nächste Mal, wenn der Wagen in Brünninghausen vorbeikommt, den Bus zu  wechseln.

Hier entsteht in der Einfahrt zum Betriebshof Brünninghausen der Mittelbahnsteig für den gelegentlichen Fahrzeugwechsel | © Christian Marquordt


 
Acht der zehn Schnelladeplätze an der Einfahrt zum Betriebshof Brünninghausen | © Christian Marquordt

Noch allerdings ist der Mittelbahnsteig nicht fertiggestellt. Deshalb wollen die DSW ihre Fahrgäste zurzeit auch noch nicht den Bus auf dem Betriebshof wechseln lassen, selbst wenn das ja nur gelegentlich passieren würde. Also werden die Elektrobusse bis zum Ende der Herbstferien vorerst anders eingesetzt, und zwar auf den Linien:

445 (Hörde – Phoenix West – Brünninghausen – Universität – Technologiezentrum),
447 (Huckarde – Revierpark – Dorstfeld – Universität – Hombruch – Lücklemberg – Wellinghofen – Hacheney) und
450 (Westfalenhallen – Brünninghausen – Kirchhörde – Herdecke Schanze).

Diese Linien führen, so die DSW 21, direkt am Betriebshof Brünninghausen oder in seiner Nachbarschaft vorbei und eignen sich aufgrund der Laufleistungen, die auf ihnen erreicht werden, gut für den anfänglichen Linienbetrieb der Elektrobusse.          

Nach den nordrhein-westfälischen Herbstferien soll der „Umsteige“-Mittelbahnsteig auf dem Betriebshof  Brünninghausen aber fertiggestellt sein, und dann soll auch die ursprünglich vorgesehene Linienkombination von Mengede bis Sölde gefahren werden.

Zur Ladeinfrastruktur auf dem Betriebshof

Auf dem Betriebshof Brünninghausen werden (nach dem in Kürze erwarteten Abschluss aller Arbeiten) 30 Ladeplätze zur Verfügung stehen, also für jeden Bus einer. Sie werden sich auf drei Bereiche verteilen.

Zehn Schnelladeplätze mit einer Leistung von 300 kW gibt es im Bereich der Betriebshofseinfahrt von der Stockumer Straße. Hier können die Batterien der Busse innerhalb von zwei Stunden wieder aufgeladen werden. Acht weitere Plätze gibt es im südlichen Bereich des Areals, hier beträgt die Ladeleistung 150 kW.  (Entsprechend länger dauert es natürlich, hier einen Bus komplett aufzuladen.) Und schließlich gibt es zwölf Ladeplätze in der neuen Bus-Abstellhalle. Und hier fehlen zurzeit noch ein paar hundert Meter Kabel, um diese Ladeplätze an die Stromversorgung anzuschließen,.        

Zur Ausstattung der Busse

Die Wagen verfügen über Batterien mit einer Kapazität von mehr als 600 kWh. Und noch etwas fällt auf: In den Fahrzeugen des Öffentlichen Personen-Nahverkehrs kehrt der Kunstledersitz oder sogar der Sitz aus echtem (Recycling-)Leder zurück. Nachdem zum Beispiel Düsseldorfs Rheinbahn schon seit ein paar Jahren wieder solche Sitze einbauen lässt und sich Bonns SWB kürzlich ebenfalls für Recycling-Leder in den neuen Stadtbahnwagen von CAF entschieden haben, nehmen nun auch Dortmunds Fahrgäste in den neuen Elektrobussen auf Leder Platz.         

Zu den Kosten

Die Anschaffung der 30 Elektro-Gelenkbusse kostet insgesamt rund 38 Millionen Euro. 2 Millionen davon gehen auf das Konto des erforderlichen Elektroanschlusses des Betriebshofs Brünninghausen. 13,7 Mio Euro des Gesamtbetrags sind öffentliche Fördermittel.

Wagen 1875, der letzte aus der Serie, in Aktion auf der Stockumer Straße vor dem Betriebshof Brünninghausen | © Stefan Limburg
28.09.2023
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