Im August vergangenen Jahres wurde im Klimakanal in Wien der erste Triebwagen der neuen Niederflur-Straßenbahn-Generation für Bonns SWB vom Typ „Skoda ForCity Smart T 41“ ebenso harten wie strengen Tests unterzogen (UTM berichtete am 29. August 2022). Und am 01. Februar 2023 wurde mit Tw 2252 der erste der neuen Triebwagen in Bonn angeliefert (auch hierüber berichtete UTM).
Am 10. März 2023 präsentierten die SWB jetzt diese erste ihrer neuen Straßenbahnen der Presse und mithin der Öffentlichkeit.
Ende April soll die zweite der neuen Bahnen (Tw 2251) in Bonn angeliefert werden. Noch durchläuft sie Tests und Probefahrten in Plzen, ihrem Geburtsort. Auf die Frage, wann denn die nächsten Triebwagen nach Bonn kommen werden, antworten die SWB mit dem Hinweis, dass alle Bahnhesteller derzeit ganz generell mit Lieferschwierigkeiten zu kämpfen haben. Will sagen, zum Thema Auslieferung der weiteren Bahnen gilt jener Satz, der da lautet: nichts Genaues weiß man (noch) nicht.
Auf die Frage, was denn aus den zurzeit auf den Bonner Niederflur-Straßenbahnlinien 61, 62 und 65 eingesetzten Triebwagen der Serie 9451 bis 9474 werde, sobald die neuen Bahnen im Einsatz sein werden, gibt es eine bemerkenswerte Antwort. „Wir haben mehrere Interessenten, die unsere alten Bahnen übernehmen wollen. Sie alle kommen aus Polen.“ Eine Antwort indes auf die Frage, wer denn diese Interessenten seien, ließ sich nicht herauskitzeln.
Der Gesamtauftrag der neuen Niederflurbahnen beläuft sich auf 28 Triebwagen. Der Vertrag, der am 19. Dezember 2019 im Bonner Stadtwerkehaus unterschrieben worden ist, ging ursprünglich nur über 26 Triebwagen, doch haben die SWB ihn nachträglich noch um zwei weitere Bahnen aufgestockt. Und ehe jetzt wilde Spekulationen ins Kraut schießen, für welche Netzerweiterungen die zuätzlichen Bahnen gebraucht werden könnten: für gar keine Netzerweiterungen. Die neuen Bahnen werden nur zum Ersatz der bisherigen Triebwagen und zur Fahrplan-Verdichtung dienen.
Zur Präsentation der neuen Bahn gehörte auch eine Demonstrationsfahrt auf dem SWB-Bahnbetriebshof Dransdorf. Mit Fahrgästen herunter vom Hof und auf die öffentliche Strecke ist noch nicht gestattet, denn noch ist der neue Bahntyp gar nicht zugelassen. Vor allem fehlt noch die Typgenehmigung der technischen Aufsichtsbehörde (hier in Nordrhein-Westfalen das Regierungspräsidium Düsseldorf).
Nichtsdestotrotz geht die Bahn während der kurzen nächtlichen Betriebsruhe (nur eine Stunde) auch schon auf Testfahrten in ihrem Netz. Dies geschieht „voll besetzt“. SWB-Betriebsleiter Bahn Bernt Junker: „Es ist natürlich wesentlich einfacher, statt nächtens 180 Leute in die Bahn ein- und wieder auszuladen, die volle Besetzung mit Fahrgästen zu simulieren.“ Und so hat man kleingeschnittene ehemalige Straßenbahnschienen mit einem Gewicht von stattlichen 20 Tonnen auf dem Fußboden im Wagen verteilt. Das sind ganz üppige Pakete, schön orangefarben angemalt … Erste kleine Mängel hat man bei diesen Testfahrten schon gefunden. So schrammte ein Räumelement vor dem führenden Drehgestell schon mal an einer Bahnsteigkante entlang … Auch fanden die SWB, dass die Haltestangen für stehende Fahrgäste nicht immer ausreichend stabil im Dach verankert seien. Alles nicht tragisch, das lässt sich leicht beheben, und darum macht man ja solche Tests, um derartige Schwachpunkte zu finden und sie in der Seriie zu beheben und zu vermeiden.
Spannend die Frage, wie sich die neuen Skoda-Bahnen in der Südunterführung am Bonner Hauptbahnhof machen werden. Die Südunterführung weist die engsten Kurvenradien im Bonner Schienennetz auf und noch dazu eine veritabele S-Kurve. Wie „steckt die Skoda-Bahn das weg?“ SWB-Bahnchef Bernt Junker: „Genau deshalb hat Skoda die Bahn ja so konstruiert, wie sie heute vor uns steht, mit drei Wagenteilen, von denen der erste und der letzte auf je zwei Dregestellen laufen, in denen jede Achse angetrieben ist. Während der etwas kürzere mittlere Wagenteil eine schwebende „Sänfte“ ist, getragen von den Wagenkästen davor und dahinter. Diese Konstruktion soll das problemlose Befahren der Südunterführung sicherstellen.“
Bonns neue Skoda-Bahnen sind unter einer Spannung von 750 Volt unterwegs. Sie sind zu 100 % niederflurig, und mit ihrer Länge von 30.600 mm sind sie rund 2 Meter länger als die bislang noch eingesetzen Triebwagen. Ihre Breite beträgt 2.400 mm. Ausgelegt sind sie für eine Spitzengeschwindigkeit von 80 km/h. Da sie als Niederflur-Fahrzeuge eher nie auf die Hochflurstrecken nach Köln (Linien 16 und 18) kommen werden, werden sich die Gelegenheiten, diese Geschwindigkeiten auch wirklich zu fahren, auf den rechtsrheinischen Abschnitt zwischen dem Bahnhof Bonn-Beuel und Römlinghoven beschränken. Die neuen Skoda-Triebwagen können 180 Fahrgäste befördern, von denen 60 einen Sitzplatz vorfinden.
Auffällig sind im Vergleich zu den bisherigen Bahnen ihre betont schmalen Köpfe. Aber das ist schließlich nur reine Optik.
Marco Hundt, „Project-Engineer West Region“ der Skoda-Group, sagte bei der Präsentation: „Wir sind stolz darauf, dass unsere Straßenbahnen bald Teil dieser schönen und historisch bedeutenden Stadt sein werden. Deren einzigartiger Charakter erfordert einen individuellen Ansatz bei der Konstruktion. Deshalb haben wir jedes Element der neuen Straßenbahn sorgfältig ausgewählt, so dass ein ganz besonderes Fahrzeug entstanden ist. Wir können unter anderem die ganz besonders umweltfreundliche Klimatechnik hervorheben, die das natürliche Kältemittel CO2 verwendet. Damit sind Bonns neue Bahnen die ersten in Deutschland, die mit dieser Technik ausgestattet werden. Drehgestelle erhöhen den Fahrkomfort, reduzieren Vibrationen und Lärm und schonen die Gleise. Natürlich haben wir auch an Menschen mit eingeschränkter Mobilität, Familien mit Kinderwagen und an Radfahrer gedacht. Für sie ist insbesondere der mittlere Wagenteil mit Mehrzweckabteilen gestaltet worden. Wir sind überzeugt, dass Bonns Fahrgäste diese neuen Bahnen schätzen und sie gerne für ihre täglichen Fahrten nutzen werden.“
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15.03.2023