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Braunschweig: Erster Tramino II auf Linie

Ganz alt und ganz neu auf Linie 3: links der neue Tramino Tw 1951, rechts der 43 Jahre alte Beiwagen 7771 von 1977 | © BSVG
Tramino von Stadler

Braunschweig, 6. Mai, 13 Uhr: an der Haltestelle „Friedrich-Wilhelm-Platz“ ist mit Beiwagen 7771 der Braunschweiger Straßenbahn ein Fahrzeug der ältesten Generation des Betriebs vorgefahren. Weit interessanter ist allerdings gleich links daneben das absolut jüngste Schienenfahrzeug Braunschweigs: hier steht mit Triebwagen 1951 der erste „Tramino II“ der BSVG (Braunschweiger Verkehrs GmbH), der an diesem Tag offiziell in den täglichen Liniendienst übernommen wird.

Gebaut worden ist er von der „Stadler Pankow GmbH“. Das mag auf den ersten Blick erstaunen: Tramino? Kommt der nicht von Solaris aus Polen?

Im Spätsommer 2018 haben die Eigentümer von Solaris, Familie Olszewski, ihr Unternehmen verkauft. Und zwar an die spanische CAF-Gruppe (Construcciones y Auxliiar de Ferrocarriles), die ihrerseits seit langem im Bau von Schienenfahrzeugen aktiv ist und hier auch einen guten Ruf genießt. CAF hat Solaris nicht gekauft, um deren Schienensparte zu übernehmen, sondern um mit der Bussparte von Solaris ins Busgeschäft einzusteigen. Zwar hatte man auf diesem Gebiet schon die Firma „Vectia“ gegründet, aber deren Erfolg am Markt hielt sich in eher überschaubaren Grenzen … Javier Coleja, seit der Übernahme durch CAF neuer Chef von Solaris, sagte es bei einem Pressetermin im Juni 2019 unmissverständlich: „Das Kapitel Straßenbahnbau bei Solaris ist beendet.“

Solaris war im Bau von Schienenfahrzeugen eine Kooperation mit Stadler eingegangen. Und als jetzt der Bahnbau bei Solaris entfiel, übernahm Stadler – folgerichtig – die Produktreihe „Tramino“ des polnischen Herstellers ins eigene Portfolio.

Straßenbahnfahrerin Marlen Wiegel, Braunschweigs Oberbürgermeister Ulrich Markurth, BSVG-Aufsichtsrats-Vorsitzender Frank Flake und BSVG-Geschäftsführer Jörg Reincke vor dem neuen Tw 1951 und dem alten Beiwagen 7771 © BSVG

Anlieferung im Sommer 2019

Im Jahr 2014 hat Braunschweigs BSVG schon einmal eine größere Zahl von Tramino in Dienst gestellt, damals noch gebaut bei Solaris. Der erste „Tramino II“ (Tw 1951) wurde jetzt im August 2019 auf dem Betriebshof „am Hauptgüterbahnhof“ bei der BSVG angeliefert (UTM berichtete: https://www.urban-transport-magazine.com/braunschweig-erster-von-sieben-neuen-tramino-ii-angeliefert/). Er gehört zu einer Bestellung über sieben Triebwagen dieses Typs. Es handelt sich um vierteilige Gelenktriebwagen, jeder Wagenteil ruht auf einem in der Mitte darunter montierten Drehgestell. Fünf der acht Achsen sind angetrieben.

Ursprünglich war geplant, die neuen Tramino schon früher in Betrieb zu nehmen. Doch beim ersten neuen Tramino gab es Drehgestell-Probleme, die auf einen Zulieferer zurückzuführen sein sollen. Stadler entschloss sich daraufhin, das fragliche Bauteil neu fertigen zu lassen. Das führte nicht nur dazu, dass der erste Tramino II erst jetzt in Betrieb geht, sondern auch dazu, dass die sechs anderen Wagen noch gar nicht in Braunschweig eingetroffen sind. Zitat der BSVG: „Wir hoffen nun, die übrigen Fahrzeuge möglichst bald in Empfang und dann auch in Betrieb nehmen zu können.“

Zur Technik der neuen Tramino

Die BSVG charakterisiert die neuen Tramino als „hochmoderne Fahrzeuge“, die sich mit rund 180 Neuerungen von ihren bei Solaris gebauten Vorgängern unterscheiden. Von denen viele – auch wenn der Fahrgast sie nicht bemerkt – der Sicherheit dienen. BSVG-Geschäftsführer Jörg Reincke: „Der Innenraum ist in helleren Farbtönen gehalten als das Vorgängermodell. Die Tönung der Scheiben wurde von 70 auf 50 Prozent reduziert.“ Damit wirke die Bahn im Innenraum deutlich freundlicher.

Der Innenraum vom neuen Tramino | © BSVG


Die Fahrgäste können den neuen Tramino II über sechs Türen betreten und verlassen. Sie finden 80 Sitz- und 120 Stehplätze vor. Dabei sind die Plätze bei den Doppelsitzen um jeweils fünf Zentimeter gegeneinander versetzt, was für mehr Komfort sorgt.

Frank Flake, Aufsichtsrats-Vorsitzender der BSVG, weist darauf hin, dass die neuen Tramino II im Gegensatz zum Vorgängermodell einen zweiten Rollstuhlplatz haben. „Der führt,“ so Flake, „nicht nur zu mehr Komfort, sondern auch zu mehr Sicherheit für die Fahrgäste.“

Investitionsvolumen und Fördergelder

Für die neuen Straßenbahnen investiert die BSVG 18,9 Millionen Euro. Das macht einen Stückpreis von 2,7 Millionen Euro pro Triebwagen. Zu allen förderfähigen Leistungen an den neuen Bahnen gibt die niedersächsische Landes-Nahverkehrsgesellschaft einen Zuschuss in Höhe von 50 %.

Die letzten Wagen im Düwag-Design der 70er Jahre werden abgelöst durch die neuen Tramino | © Dirk Budach


Schon abgestellte Altwagen im unterschiedlichen Design im Depot im April 2019 | © Dirk Budach


Schrittweiser Ersatz von Altfahrzeugen

BSVG-Geschäftsführer Reincke sagte bei der Präsentation des neuen Tramino II, dass jetzt für jeden neuen in Dienst gestellten Tramino-Niederflur-Triebwagen ein alter Zug mit hohem Fussboden der Jahrgänge 1977 und 1981 ausgemustert werde. „Schon bald werden unsere Fahrgäste bei der Fahrt mit der Straßenbahn keine Stufen mehr hinaufsteigen müssen.“

Unmittelbar im Anschluss an die Präsentation am Friedrich-Wilhelm-Platz nahm Tramino II Triebwagen 1951 seinen Liniendienst auf. Auf Linie 3 fuhr er nach Volkmarode.

Tw 1951 auf der ersten Linienfahrt auf der „3“ nach Volkmarode | © BSVG

12.05.2020
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